Das Blinde

Mystisches, Schmerz, Trauer, Depression, Angst, Abschied, Tod
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Germany Marc Donis
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Das Blinde

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Das Blinde

Intermède
Ich wusst‘ es nicht, es war beim Alten,
war’s die Liebe – welche schwand,
Liebste zog – wie die Gestalten,
als der Tag zur Nachte wand.
Liebste nun – gedenke meiner,
nun vergib‘ mir meine Tat,
leidest du in Fängen – seiner,
warst die Liebe, ich erbat.
War’s so sehr durch ihn gepriesen,
legte sich die Nacht aufs Feld,
Liebste meine – glichs verwiesen,
nun vergib‘ mir – jene Welt!
Tat ich unrecht auf den Erden,
bitte nun – vergib‘ mir mein,
tat ich Sünden mit Gebärden,
wieg‘ ich dich in Armen ein.
Magst du still in meiner schlafen,
magst du ruhen bei mir, mein Kind,
mag dein Dasein mich bestrafen,
da die Lieb‘ den Tode sinnt.


JUNGE:
„Stechet Augen aus, Ihr Mutter!
Löset mir das Sehen, das Leid,
dienen sollen sie als Futter,
für die Raben – ohne Neid!“

MUTTER:
„Nehm‘ dir nichts des stillen Glanzes,
bist du Träumer – ganz erpicht,
gleichen Träume - Engeltanzes,
Augen nehm‘ ich dir doch nicht!
Bin ich nur die Mutter – deine,
Leiden – Seien sie verloren,
deine Augen sind auch meine,
hab‘ ich sie umsonst geboren?“

JUNGE:
„Höret Ihr nicht die Gebete?
Höret nicht, die Seele spricht,
mailich mein ich, was es drehte,
Wille kennt die Träume nicht!“

MUTTER:
„Bist du gar dem Wahn verfallen?
nimm‘ die Waffe und den Schaft,
töte Menschen mit den Krallen,
gibt dir Gott dazu die Kraft.“

JUNGE:
„Mag ich ganz der Wehr nicht dienen,
geht die Pflicht vorbei und rinnt,
Wehrpflicht, nein, ganz ohne Mienen,
letztes Wort, ganz welches sinnt.
Mag das Kämpfen gar ich meiden,
will ich’s hassen, ganz bestimmt,
Kämpfen, töten, ohne Leiden,
wer die Sünden mir dann nimmt?
Blinde leben doch nicht schlechter,
mag ich blind sein, so gekonnt,
mag ich leben – nicht als Rechter,
sterben – mag ich nicht an Front.“

Der Junge greift nach dem Messer
und sticht sich die Augen aus.


Berlin-Biesdorf-Süd;
26.12.2023
Sie wünschen uns Missgunst, aber die Kunst ist mit uns...
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