Hunde-el-Ende

Lyrik, Prosa, Interpretation, Beipacktext.
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Ukraine Ralfelinchen
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Hunde-el-Ende

Ungelesener Beitrag von Ukraine Ralfelinchen »

Hunde-el-Ende

Zitternd vor Kälte schloss ich die Fensterflügel. Der Morgen war so kühl, dass ich zuallererst daran dachte, wie sinnlos es wäre, nicht gleich wieder unter meine Felldecke zu kriechen. Abgesehen davon fühlte ich mich seit dem gestrigen Genuss eines Fruchtsalates irgendwie marode im Bauch.

Es war klar: ich bleibe zu Hause – und im Bett.

Ein Klopfen an der Türe meines Einzelraumes ließ mich im nächsten Moment aufschrecken. Leider war ich nie pedantisch genug, die Eingangstüre zu meiner Wohnung abzusperren.

Im nächsten Moment stand der Fremde im Raum und pflanzte sich vor meinem Bett auf. Er starrte mich mit Augen an, deren Farblosigkeit hell wie die Eiswürfel unter einer Neonlampe waren.

„Nehmen sie es philosophisch junger Mann: die meisten Taten und Handlungen, die Menschen anderen Menschen angedeihen lassen, sind nicht edel!“

„Ich…ich..will ni-ni-nicht unhhöflich sein, aber wa-was machen sie hie-hier in meinem Zi-Zimmer?“

Stotterte ich in seine Richtung.

„Unsere Organisation erstellt eine Verhaltensstudie über jene Menschen, die intolerant gegenüber dem Halten von Hunden in städtischen Territorien sind!“

„Hunde im städtischen Territorium? Wo-wollen sie mich verschau-schaukeln?“

Ich hatte meine Fassung fast wiedergewonnen.

„Sie sind also dagegen?“

Mir kam vor, sein Blick bohrte sich dabei in mich wie eine Hilti in ein Rad Emmentaler Käse.

„Dagegen? Mann – i-ich habe darüber noch n-nie ernsthaft nachgedacht.“

„Ich muss sie um eine Antwort bitten. Und zwar jetzt. Ihre Meinung ist zum Abschluss unserer Studie unbedingt notwendig.“

„Mei-meine Meinung und warum?“

„Sie sind der letzte Proband in unserer Studie.“

„Proband? I-ich bin do-doch keine Testperson, Mensch, was soll denn der Quatsch?“

Ich setzte mich voll Entsetzen im Bett auf.

Der Kerl hatte plötzlich eine Kanone auf mich gerichtet. Als er den Abzugshahn spannte, konnte ich nicht anders: ich platzte mit einem Lacher raus. Das Ganze war natürlich ein Scherz.


„Es erstaunt mich, dass ihr Verhalten nicht das zeigt, was man in derartigen Situationen vom Proband erwarten würde, nämlich nichts als nur Angst!“

„Angst? Angst habe ich nur davor, jeden Morgen regelmäßig in die Hundescheiße vor meinem Haus zu treten!“

Brüllte ich ihm voller Wut in die Umrahmung seiner Eiswürfelglotzer.

Er lächelte mich an. War das Triumph in seinem Blick?

Im nächsten Moment erfasste mein Riecher den Duft von Zellulosenitrat; das Mündungsfeuer zwang mich zum Blinzeln. Und erst der Lärm! Der hatte kaum Zeit von mir gehört zu werden.

Es war wie ein Hammerschlag zwischen meinen Augen, besser gesagt auf meine Nasenwurzel. Gleich auch Wärme und Dunkelheit, welch Gefühle! Nun wusste ich eines sicher: nie wieder Büro.

Ich war zurück gekehrt zur Summe aller Teilchen. Endlich wieder: elementar!
Anaximandala
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Ungelesener Beitrag von Anaximandala »

Zum schießen, der Abgrund den du hier erkundest!
Na wenigstens nie wieder ins Büro, als letzter Gedanke klingt das fast schon beruhigend.


Wie kommen her, wir gehn zurück
und zwischen beidem liegt ein Stück
von Lieben, Leiden, manchmal Glück

von Ackern und zu Grunde gehn
von Weisen, die im Dunkel stehn
von bisschen in den Abgrund sehn

Vom Schicksal, das die Fäden spinnt
durch Götter, die besoffen sind
von Zeit, die durch die Sanduhr rinnt

Zu Anfang sind wir alle weich
dann kurz getrennt in Arm und Reich
Am Ende wieder nichts als gleich
Ukraine Ralfelinchen
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Ukraine
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Ungelesener Beitrag von Ukraine Ralfelinchen »

Danke hhhhhhhhh ich esse gerade zu Abend im pastamara im Ritzcarlton in Wien wie jeden Sonntag und habe deine lyrische Antwort sehr genossen
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